Pflegewissenschaftliche Studien im Überblick – November 2020Besteht tatsächlich berechtigter Anlass zu glauben, dass in Zukunft Roboter das Pflegepersonal entlasten oder gar ersetzen und die Lebensqualität der Pflegeheimbewohner verbessern können?
Ein Forscherteam der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden und der Polytechnischen Universität Xian in China veröffentlichte 2019 eine Studie, welche die Auswirkungen des interaktiven Systems LiveNature auf Pflegeheimbewohner in einem niederländischen Pflegeheim untersuchte. Ziel war es, ein ganzheitliches und multisensorisches Konzept in die Pflege zu integrieren, um durch das gegenseitige Aufeinandereingehen und Reagieren positive Emotionen zu wecken, soziale Bindungen zu stärken und die Aufmerksamkeit und Kommunikation wiederherzustellen oder zumindest zu verbessern. Die Studienteilnehmer gaben insgesamt ein positives Feedback. Das System LiveNature wirkte sich besonders positiv auf die Aufmerksamkeit und aktive Teilnahme der Pflegeheimbewohner aus.
In einer Studie aus dem Jahr 2018 untersuchten türkische Forscher der Marmara Universität in Istanbul den Zusammenhang zwischen dem Vertrauen in Roboter, dem Grad ihrer „Vermenschlichung“, der Bereitschaft mit ihnen zu arbeiten und dem Grad ihrer Automatisierung. Diese Faktoren spielen eine Rolle hinsichtlich der Wahrnehmung und Akzeptanz von Robotern bei Pflegekräften im Arbeitsprozess. Vor allem der Automatisierungsgrad der Roboter spielt in Bezug auf Anpassung an den „neuen Kollegen“ und einer Verbesserung von pflegerischen Leistung und Produktivität eine deutliche Rolle. Die Auswertung ergab, dass die Ähnlichkeit der Roboter zum Menschen erstaunlicherweise nicht relevant für das Vertrauen war. Vielmehr waren die Teilnehmer dann eher bereit mit diesen zu arbeiten, wenn sie der Technik der Roboter vertrauten. Dieses wiederum war abhängig von dem zu erkennenden tatsächlichen Nutzen der Roboter für die Arbeit der Pflegekräfte und der grundsätzlichen Bereitschaft, einen höheren Automatisierungsgrad zu akzeptieren.
Forscher der Social Welfare Corporation, der Universitätsklinik in Tokyo, Japan, und des University College Dublin, Irland, veröffentlichten 2018 eine Studie, welche die Effektivität und den Einfluss von sozial assistierenden Robotern (SAR) auf die Pflege von älteren Menschen und deren aktiver Teilnahme am Geschehen untersuchte. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die SAR-Roboter positiv auf die Aktivität und Teilnahme der Teilnehmer in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe auswirkten. Zudem konnten Verbesserungen in den Bereichen Kommunikation, Selbstpflege und Sozialleben beobachtet werden. Die Forscher sehen daher ein großes Potential in SAR-Robotern, um die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern.
Görres, S. & Brunswieck, R. (2020). Roboter. Die künftigen Kollegen? 11/20, S. 30-31. Hannover: Vincentz Network.
Website: http://www.altenpflege-online.net/
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Kontakt und Information:
Prof. Dr. Stefan Görres
Universität Bremen
Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP)
Sprecher Abt. 3: Interdisziplinäre Alterns- und Pflegeforschung Grazer Straße 4, 28359 Bremen
E-Mail: sgoerres@uni-bremen.de